Informationen & Symptome

  • Definition Lipödem

    Das Lipödem (griechisch: Lipos = Fett/Ödem = Schwellung) ist eine angeborene, chronisch fortschreitende Erkrankung bei Frauen, die durch eine dysproportionale Fettgewebsvermehrung in den Beinen, in 30% zusätzlich in den Armen gekennzeichnet ist. Im Laufe des Tages kommt es zu einer zunehmenden Wassereinlagerung in den Beinen, im fortgeschrittenen Stadium kann sich zusätzlich ein sekundäres (erworbenes) Lymphödem ausbilden, wodurch die Wassereinlagerung dauerhaft wird. Berührungen und Druck werden als sehr unangenehm empfunden, und es entstehen sehr leicht blaue Flecken.

    Sehr häufig wird das Lipödem mit der Erkankung Adipositas (Übergewicht) verwechselt. Hiervon ist bereits ein großer Teil der Bevölkerung betroffen. Es kommt zu einer symmetrischen, proportionalen Fettgewebsvermehrung des gesamten Körpers, d.h. zu keinen grossen Unterschieden zwischen Rumpf und Extremitäten.

    Weshalb und wie das Lipödem entsteht, ist auch heute nicht abschliessend geklärt. Es besteht eine genetische Komponente, da die Erkrankung familiär gehäuft auftritt. Bei den allermeisten Patientinnen verläuft die Erkrankung schubweise, beginnend in der Pubertät, während möglicher Schwangerschaften oder kurz vor der Menopause. Auch kann eine langfristige Einnahme der „Pille“ das Lipödem verschlimmern. Dies ist auch der Grund, warum die weiblichen Sexualhormone für die Entstehung des Lipödems mit verantwortlich gemacht werden.

    Der Name für die Erkrankung Lipödem ist nach heutigem Wissensstand eigentlich nicht mehr richtig, da mit dem Namen „Ödem“ immer eine Flüssigkeitsansammlung in Verbindung gebracht wird. Und gerade dies ist beim Lipödem nicht der Fall. Es kommt zu einer kleinzelligen Vermehrung von Fettzellen. Besser sollte der Name heute lauten Lipohyperplasie dolorosa (schmerzhafte Fettzellvermehrung).

    Als Hyperplasie bezeichnet man die Vergrößerung eines Gewebes oder Organs durch Zunahme der Zellzahl im Gegensatz zur Hypertrophie, wo, wie bei der Adipositas, das Volumen der bereits vorhandenen Fettzellen zunimmt.

  • Diagnose

    Die Diagnose des Lipödems ist auch heute noch eine Blickdiagnose, da es keine (!) Untersuchungsmethode gibt, durch welche ein Lipödem zweifelsfrei diagnostiziert werden kann. Man nähert sich der Diagnose durch Ausschlussuntersuchungen, soll heissen, man schliesst eine Venen-, Lympherkrankung oder eine Adipositas aus. Eine sorgfältige Anamnese, Körperinspektion mit Beurteilung der Erscheinungssilhouette, ein positiver Kneiftest und die Abgrenzung gegen andere Fettverteilungsstörungen führen schliesslich zur Diagnose Lipödem.

    In den letzten Jahren wurden deutliche Fortschritte in der Diagnostik und Therapie des Lipödems gemacht. An dieser Stelle sollte Herr Prof. Dr. Marschall (Tegernsee) als auch Prof. Dr. E. Brenner (Innsbruck) Erwähnung finden. Durch die Arbeiten von Prof. Dr. Marschall können wir das Lipödem-Fett nun sonographisch (mit Ultraschall) beurteilen und von anderem Fettgewebe abgrenzen. Es handelt sich um dichtes, hochkompaktes Gewebe, das sich, verglichen mit üblichem Fettgewebe, schwer zusammenpressen lässt und keine Flüssigkeitsansammlungen um die Zellen zeigt.

    Prof. Dr. Brenner gelang es durch seine anatomischen Studien und Präparate das Wissen um die Morphologie der feingeweblichen Strukturen entscheidend voranzutreiben.

    „Meine Beine passen nicht zu meinem Oberkörper.“
    Dies ist sicherlich der häufigste Satz, mit dem betroffene Patientinnen ihre Erkrankung beschreiben. Bei den meisten von ihnen besteht ein erhebliches Missverhältnis zwischen der kräftigen unteren Körperhälfte und einem oft zierlichen Oberkörper. Sind die oberen Extremitäten betroffen, dehnt sich das Lipödem meist an den Oberarmen aus, manchmal reicht es über den Unterarm bis an die Hände. Diese sind typischerweise ebenso wie der Knöchel- und Fussbereich nicht von der Gewebsvermehrung betroffen, man spricht dann auch von einem Fettkragen oder einem Flaschenhals.

    Zur Diagnose und Verlaufskontrolle wird empfohlen, neben dem Gewicht bzw. Gewichtsverlauf und dem Body-Mass-Index (BMI), weitere Parameter wie die Waist-Hip-Ratio (WHR), die Waist-Height-Ratio (WTR) sowie Umfangs- und Volumenmessungen der Extremitäten und den täglichen Aktivitätsindex zu dokumentieren. Insbesondere in differentialdiagnostisch schwierigen Fällen (Adipositas versus Lipödem) können diese Verlaufsparameter bei fehlender Volumenabnahme der Extremitäten trotz Reduktion des Gesamtgewichts und des Stammfetts hilfreich sein.

  • Symptome & Beschwerden

    Der Leidensdruck ist bei betroffenen Patienten hoch und wird häufig nicht ernst genommen.

    Die betroffenen Hautareale sind kühl und druckempfindlich. Durch das Spannungs- oder Druckgefühl empfinden die Patientinnen das Tragen von Strümpfen, Hosen und engen Röcken als unangenehm und schmerzhaft. Diese Beschwerden verstärken sich meist im Laufe des Tages, insbesondere nach längerem Sitzen oder Stehen. Zudem verursachen Bagatellverletzungen leicht blaue Flecken, welche dann wochenlang sichtbar sind.

    Neben der Fettzellvermehrung werden die Beschwerden durch Ödeme verschlimmert. Die hydrostatischen Druckveränderungen in den Beinen, die dem aufrechten Gang geschuldet sind, führen bei allen Menschen zu einer Wassereinlagerung in den Beinen. Hierdurch kommt es bei Lipödempatienten zu einer überproportionalen Druckerhöhung im Gewebe der Beine, da die Gewebsflüssigkeit von den kleinen Fettzellen aufgesaugt wird. Die zunehmenden Schwere- und Spannungsgefühle sowie die Berührungsempfindlichkeit lassen sich hiermit gut erklären.

    Alle Lipödempatienten weisen eine Vermehrung des Unterhautfettgewebes der Beine, in 30 % der Fälle zusätzlich auch an den Armen auf. Aufgrund dieser Fettzellvermehrung resultiert bei schlanker oberer Körperhälfte eine deutliche Diskrepanz zwischen Ober- und Unterkörper. Oft haben die Betroffenen die Empfindung, als ob der untere Teil des Körpers zu einer anderen Person gehört („Das da unten bin ich nicht!“). Diese teilweise extrem auffällige Veränderung der Figur führt oft zu ausgeprägten Problemen mit dem Körperbild und dadurch zu einer großen psychischen Belastung. In vielen Fällen ist die Umfangsvermehrung der Beine so stark, dass es beim Gehen zum „Wundscheuern“ an den Oberschenkelinnenseiten kommt. Bei sehr ausgeprägtem Befall kann es durch Bildung von Fettwülsten an den Knieinnenseiten sogar zu einer Beinfehlstellung sowie einer Beeinträchtigung beim Gehen beitragen.

    Auch das Lipödemfett „fliegt nicht durch die Luft“, sondern die Fettgewebsvermehrung an den Beinen und Armen werden durch überschüssige Kalorienzufuhr unterstützt. Daraus folgt, dass durch eine gesunde, ausgewogene und an dem eigenen Kalorienverbrauch gemessene Ernährung ein direkter Einfluss auf das Wachstum des Lipödems möglich ist. Im Gegensatz zu Menschen, die nicht an einem Lipödem erkrankt sind, kann trotz aller Anstrengungen wie Ernährungsumstellung, Verminderung der Nahrungszufuhr oder Sport das neu gebildete Fettgewebe nicht zum Einschmelzen gebracht werden, da der Rücktransport des Fettes aus der Zelle gestört ist. Lipödemfett ist nicht abhungerungsfähig. Und nur dieser Umstand führt zu der eigentlichen Disproportionierung!!

    Die bei vielen Patienten häufig beobachtete Fettgewebsvermehrung im Gesässbereich hat definitionsgemäss nichts mit dem Lipödem zu tun und wird unter dem Namen Steatopygie beschrieben.